St. Elisabeth

  • Königskind

Im Sommer 1207 kommt Elisabeth als Tochter des ungarischen Königspaares Andreas II. und seiner Gemahlin Gertrud auf der Burg Sárospatak zur Welt.

Meister Klingsor – ein fahrender Sänger – weissagt dem Landgrafen Hermann von Thüringen: „Ihr sollt wissen fürwahr, dass meinem Herrn, dem König von Ungarn ein Tochter geboren wird in dieser Nacht, die wird Elisabeth genannt und eine Heilige werden. Sie wird dem jungen Fürsten, des Landgrafen Sohn, zum Weibe angetraut werden, und durch ihr lobsames, heiliges Leben soll die ganze Welt getröstet werden und besonders dieses Land.“  

  • Verhandelte Braut

Im Zuge politischer Dynastie-Ehen wurde Elisabeth vom ungarischen Königshaus dem mächtigen Thüringer Landgrafen Hermann für seinen Erbprinzen versprochen.

1211 wurde die erst 4jährige Prinzessin in einem königlichen Brautzug unter Ehreneskorte von Pressburg über Prag und Nürnberg nach Eisenach geleitet. Unterwegs nahm das Volk allenthalben Anteil und bestaunte das spektakuläre Ereignis.

Am Georgentor in Eisenach nahm der Landgraf das Kind auf die Arme und dankte Gott, dass alles so gekommen sei, wie er es sich ausgedacht habe. 

  • Das Kind aus dem Land der Magyaren  

Elisabeth wuchs unkompliziert, kontaktfreudig  und temperamentvoll  mit den Kindern des Landgrafen in deren Umgebung auf. Kindlich fromm und temperamentvoll widerstand sie jedoch mehr und mehr der höfischen Etikette und blieb die kleine eigenwillige Ungarin. Der Tod ihrer Mutter 1213, der des Erbprinzen Hermann II.1216  und des Landgrafen Hermann I 1217, waren dunkle Schatten, die sich nunmehr  in der Frage verdichteten: Soll die Ausländerin nicht doch wieder abgeschoben werden?!

  • Das Wunder der Liebe

Ludwig IV.- nachgeborener Thronfolger- wird Landgraf von Thüringen und somit der Verlobte Elisabeths. Er verscheucht alle Schatten der Ablehnung und schenkt ihr – die sie als Bruder und Schwester aufgewachsen sind und sich so nennen – seine ungeteilte Zuneigung.

Dem ungarischen Gesandten Walter von Vargila antwortet Ludwig auf die Frage nach Elisabeths  Zukunft:„Wenn dieser Berg (Inselsberg) von obenbis unten aus Gold wäre, würde ich doch eher auf ihn verzichten als eine Verbindung mit Elisabeth zurückweisen. Mögen andere denken und    aussprechen, was sie meinen – ich liebe Elisabeth und schätze eine Ehe mit ihr höher als alles andere. Sage ihr dies.“  Elisabeth war glücklich.

  • Landgräfin, Gattin, Mutter, Witwe 

Im Januar 1221 gaben sich Ludwig und Elisabeth vor Gott  das Jawort in der Georgenkirche zu     Eisenach. Drei Tage lang wurde auf der Burg und in der Stadt die Hochzeit mit Turnier, Tanz und mittelalterlichem Pomp gefeiert. Im Gegensatz zur Untreue in den damaligen politischen Adelsehen liebten sich Ludwig und Elisabeth herzlich und vertrauten einander in guten wie in schweren Tagen. Der Landgraf soll zu einem „Angebot“ auf Reisen gesagt haben: „Selbst wenn Ehebruch keine Sünde wäre, würde ich doch durch dergleichen meine Elisabeth nicht betrüben wollen.“

Elisabeth setzte auf der Wartburg neue soziale Akzente; sie pflegte mit ihrem Gatten am Hofe zu speisen, rührte Lebensmittel ungerechter Herkunft bei Tisch nicht an, kümmerte sich selbst um Kranke und Arme.  Z. Zt. Einer Hungersnot öffnete sie in Abwesenheit des Landgrafen die Getreidespeicher für die Not Leidenden. Verwandte und Hofbeamte reagieren mit blanker Missbilligung. Der vom Reichstag in Italien heimkehrende Ludwig stellte sich hinter sie: „Lasst sie Gutes tun und für Gott geben, was sie mag! Erhaltet meiner Herrschaft nur die Wartburg und die Neuenburg.“

Elisabeth schenkte Ludwig drei Kinder.

Hermann 1222, Sophie 1224, Gertrud 1227.

Mit Letzterer war sie schwanger, als Ludwig sich von ihr zum Kreuzzug verabschiedete. Noch in Italien erlag er 1227 in Otranto 27jährig dem Fieber. Als Boten zum Zeichen seines Todes Ludwigs Siegelring brachten,  holte man die Alt-Landgräfin, dass sie ihrer Schwiegertochter diese Nachricht vermittle. Elisabeth war vor Schmerz  fassungslos und irrte durch die Burg: „Tot? Tot? So ist mir die Welt und aller Glanz gestorben.“ Kein Trost und keine Mahnung, an den Willen des Schöpfers zu denken, erreichten sie. Erst Monate später, als sie den Gebeinen ihres Gemahls entgegenzog, kann sie ein Ja und das Gebet ihrer Hingabe an den Willen Gottes sprechen.

  • Wach und liebesfähig

Schon das ungarische Kind war erstaunlich aufmerksam auf Gott hin. Er hat in Elisabeths Leben immer etwas  zu sagen gehabt und scheint ein Leben lang ihr Tröster und Meister geblieben zu sein. Sie hätte sonst ihre Karrieren nach oben und unten nicht so unbeschadet überstanden. Ihre eigene Identität schien stetig am Bild Gottes und seinem Willen Maß zu nehmen.

Liebe und Leiden schlossen sich nie aus.

  • Elisabeths Wegweiser 

Inmitten der historischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten, die Elisabeth prägten, waren u. a. Franz von Assisi und Konrad von Marburg Menschen, die ihr den Weg wiesen und sie ermutigten ganz auf Gott zu setzen.

Franziskus kam ihrem Streben entgegen, aus allem Reichtum auszusteigen und den Armen nach der Botschaft Jesu, Würde, Recht und Hilfe zu verschaffen. Er begeisterte sie.

1224 holte sie seine Brüder nach Eisenach.

Konrad von Marburg scheint dagegen nicht in ihr Leben zu passen. Als gelehrter Magister, der Armutsbewegung zugewandt, findet er 

Zugang zum Wartburger Hof und wird Elisabeths Beichtvater.

Seine düstere Seite: Der Kreuzugsprediger und Großinquisitor wird in Elisabeths Leben

zum Zuchtmeister; aber auch zum Vertreter ihrer Witwenrechte. Elisabeth wächst unter seiner

Leitung über sich hinaus und reift in einer faszinierenden inneren Freiheit zu einem Menschen, der Gottes Bild entspricht.

  • Elisabeth - nach Ludwigs Tod  

Ihr bisheriger Lebensstil mit der Option für die Armen wurde nunmehr auf der Burg nicht mehr geduldet und so geriet sie ins Fadenkreuz ihrer Gegner, besonders ihres Schwagers Heinrich Raspe.  Gemobbt,  freiwillig  oder vertrieben, verließ die junge Mutter mit ihren drei Kindern die Burg. Die Eisenacher fürchteten sich vor den  neuen Burgherren und wiesen sie von der Tür – ein Stall oder Schuppen waren eine notdürftige Zuflucht. Doch im Innersten vernahm sie die Zusage Gottes und war von großer Freude erfüllt.

Ihre Verwandten - Äbtissin Mathilde in Kitzingen und Bischof Eckbert von Bamberg – mühten sich für sie um eine standesgemäße Zukunft. Die  Einladung Elisabeths auf die Burg Pottenstein sollte die Verbindung mit dem verwitweten Kaiser Friedrich II. vorbereiten. Elisabeth widersetze sich verblüffend und sie war ernst zu nehmen: „Eher schneide ich mir die Nase ab!“

Zielstrebig folgte die ehemalige Landesmutter ihrem religiösen Instinkt, als Arme unter Armen zu leben. Wie Franziskus als Bettlerin von Haus zu Haus zu gehen, hatte ihr „Meister Konrad“ verboten. Mit einigen Rittern aus der Gefolgschaft Ludwigs hatte er sich für das Witwengut Elisabeths und ihre Kinder eingesetzt. Somit war der gestrenge Magister nicht nur ihr geistlicher Leiter, sondern auch zum Verwalter ihrer Güter bestellt. Gott hatte ihr diesen düsteren Begleiter zugemutet. Für Hermann, Sophie und Gertrud war an eine standesgemäße Zukunft zu denken. Elisabeth als Arme musste sich deshalb von ihren Kindern trennen.

1228 war in Marburg ihr Hospital  fertig; Dort pflegte sie mit ihren Gefährtinnen Guda und Isentrud wie jede mittelalterliche „Spitalmagd“ die Ausgestoßenen und Kranken; lebte und betete mit ihnen. Ihre beiden treuen Vertrauten ersetzte Meister Konrad durch zwei unliebsame zänkische „Weiber“.

Der düstere Asket hatte neben einsichtigen Regeln ein hartes Programm für ihren Weg.

Zugefügte Leiden, Demütigung und üble Nachrede überstand sie wie: „Schilf vom Wasser überflutet und gebeugt, das sich nach kurzer Zeit gestärkt und erfrischt wieder erhebt. “

Schon zu Lebzeiten war nicht zu übersehen, dass Gott ihr im Gebet sehr nahe gewesen war und sie tröstete. Bewusst und gut vorbereitet erwartete sie ihren Heimgang, verschenkte jegliche Habe an die Armen und traf Anordnungen für ihr Begräbnis.

Von ihren Vertrauten verabschiedete sie sich mit den Worten: „Nun ist die Stunde gekommen, da der allmächtige Gott seine Freunde zu sich rufen wird.“  In der Morgendämmerung des

17. November 1231 gibt sie ruhig – fast heiter –

ihr 24jähriges Leben dem Schöpfer zurück.

  • Gottes (h)eilige Botin

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich der jungen Landgräfin Tod in Palästen und Hütten. Sie, die um der Liebe Jesu willen so viele Tabus gebrochen hatte, wird spontan als Heilige verehrt.

Papst Gregor VII. hat sie bald - am 27.5.1235 - in Perugia „zur Ehre der Altäre“ erhoben.

Unzählige Menschen sollen sich ein Jahr darauf - am 1.5.1236 - zur liturgischen Feier im Lahntal gedrängt haben. Friedrich II. – barfuß und im Büßergewand – schultert mit anderen Würdenträgern den Sarkophag und legt eine Krone nieder.

Ihr Schrein in der Marburger Elisabeth-Kirche wurde bis 1540 aus unterschiedlichsten Gründen aller sterblichen Überreste beraubt.

Des ungeachtet bezeugt ihre anhaltende weltweite Verehrung, dass die Menschen aller Zeiten  spürten und wussten: Die Liebe ist stärker als der Tod und bleibt in Zeit und Ewigkeit.

 

Text: Schw. M. Gisela Schönfelder